Maßstab I/II (2005)
Maßstab I/II
Europäisches Patentamt, München, Installation in zwei Treppenhäusern des Verwaltungsgebäudes in der Bayerstraße München 2005
Maßstab I
Ort: Treppenhaus 1, Europäisches Patentamt, München, Schräglage: 2,5 Grad;
Höhe: 24,5m, Aluminium / Lack / Gelb / Grau
Maßstab 2
Ort: Treppenhaus 2, Europäisches Patentamt, München, Schräglage: 3,5 Grad;
Höhe: 20,5m, Aluminium / Lack / Orange / Hellgrün
Das Europäische Patentamt in München setzt richtungweisende Standards und Maßstäbe zum Schutz geistigen Eigentums. Die Installation „Maßstab I/II“ von Susanne Pittroff greift raum- und ortsbezogen die unterschiedlichen Bedeutungsebenen der Begriffe „Richtlinie“ und „Maßstab“ bzw. „Norm“ auf, um diese mit den Maßgaben der Kunst zu reflektieren.
Statik: Lieb und Obermayr
Technische Entwicklung und Herstellung:
Christian Krebs und Thomas Kirner
Lackierung: Davor
(…) Die Arbeit Maßstab I/II stellt inhaltlich ein Vexierspiel mit zwei sich überlagernden Räumen dar: einem real gegebenen Raum (mit dem Treppenhaus und der Fahrstuhlanlage) und einem gedachten Raum. Dieser Raum entsteht als reiner Wahrnehmungsraum ausschließlich durch subjektive Sinneseindrücke und die eigene Bewegung. Beim Hinaufgehen der Treppenabsätze erschließt sich seine Dreidimensionalität: Der Aluminiumstab schwingt optisch seitlich in der Horizontalen wie ein Pendel, entgegengesetzt zur eigenen Bewegungsrichtung. Je höher man steigt, desto mehr verstärkt sich der Eindruck der Schieflage, des Aus-dem-Lot-Seins. Gleichzeitig entsteht durch die rhythmisch unregelmäßige Skalierung des Stabes der optische Eindruck von Dynamik in der Vertikalen, also der Bewegung nach oben und nach unten. In der Arbeit Maßstab I/II verschieben sich optisch jedoch scheinbar festgelegte Fluchten und Perspektiven. Je höher man innerhalb des Treppenhauses aufsteigt, desto destabiler erscheint – durch die Verjüngung nach unten – die Basis, der Ausgangspunkt. Jeder Schritt hinauf oder hinunter lässt den Stab in einer anderen Richtung und einem veränderten Blickwinkel erscheinen. Die Arbeit befindet sich in ständiger prozesshafter Veränderung, definiert sich innerhalb der Raumgrenzen permanent von neuem, wie sich auch der Betrachter immer wieder neu verorten muss. Nichts bleibt wie es scheint – panta rhei. Diese ambivalente Raum-Erfahrung schafft die Möglichkeit, die eigene Umgebung polyperspektiv wahrzunehmen und Dinge mal anders zu sehen bzw. zu denken. Die verlässliche Sicherheit der sinnlichen Wahrnehmung schwindet und stellt eingefahrene, normierte Seh-, Denk- und Verhaltensweisen in Frage.