Concrete Voyage (2009)

Kunst am Bau

Concrete Voyage – Skulptur im Außenraum

in Haar bei Gemeinde Haar bei München, Jagdfeldsee, www.gemeinde-haar.de


Die Künstlerin gewann mit ihrem Vorschlag den ausgeschriebenen Wettbewerb „Kunst am Jagdfeldsee“, den die Gemeinde zusammen mit dem Investor des Jagdfeldzentrums, der Bayerischen Städtebau, 2007 ausgeschrieben hatte. Die inzwischen als „rote Platte“ bekannte Skulptur ragt als nahezu schwebende Plattform in das Seebecken hinein…Ausgangspunkt für das künstlerische Projekt war das Spannungsverhältnis zwischen dem ursprünglichen architektonischen Konzept des Gebiets um den Jagdfeldsee und den baulichen Veränderungen im Laufe der Zeit. Mit ihrer Skulptur nimmt Susanne Pittroff auf die örtlichen Gegebenheiten Bezug, indem sie deren Konstruktion an die Oberfläche bringt und gleichzeitig eine Beziehung zwischen Platz, See und architektonischem Umfeld herstellt.

Concrete voyage ist aus Beton und greift damit das dominierende Baumaterial der Umgebung auf. Die Größe, ein ca. 45 m2 großes Rechteck, spiegelt die Dimension einer der kleinen Standard-Single-Wohnungen. Die Schräglage der Platte verweist auf die unterschiedlichen Bauhöhen und die sich wandelnden architektonischen Konzepte seit den 70er-Jahren. Wie eine Rampe ragt die Platte über den Uferrand hinaus und schafft damit eine Verlängerung des Platzes und gleichzeitig eine Verbindung zum See.Die rote Farbe hebt in ihrer symbolischen Signalkraft die Bedeutung des Ortes hervor, ein kleiner durch seinen Belag abgesetzter Bereich, ein Ort der Absonderung, der Intimität, der Rast.
Die begehbare Skulptur ist von allen Seiten gut sichtbar und eröffnet immer wieder neue Perspektiven. Concrete voyage ist eine Erweiterung im konstruktiven wie im soziologischen Sinn, eine Plattform und Begegnungsstätte.
Auszug Pressetext
Einführung: Dagmar Schott

 
Fläche: 5 x 9m, Neigung: 7 Grad
Oberfläche: Epoxydharz
Linie im Beton und Randeinfassung : Edelstahl
 
Auftraggeber:
Gemeinde Haar bei München
Bahnhofstraße 7, 85540 Haar
 
Ausführende Firmen:
Planung und Metallarbeiten:
Christian Krebs
Statik: LOP, Markus Lieb
Bauunternehmer: Firma Schiegg
Oberfläche: Firma Singhammer
 
Fotos: Judith Häussler, Susanne Pittroff

Katalogtext:

Nichts bleibt immer gleich. Neues entsteht, einstmals Neues altert, wird verdrängt von wiederum Neuem, und fügt sich wie ein sich unendlich veränderndes Mosaik ineinander, zur im Moment und darüber hinaus erfahrbaren Lebenswelt. Nicht nur, dass diese als äußerlich und als Teil des eigenen Lebens erfahrene Umgebung, sei sie städtisch oder ländlich, öffentlich oder privat, ständiger Veränderung unterliegt, auch diejenigen, die in ihr leben und arbeiten, ihren Wegen folgen, sie neu entdecken oder als Vertrautes verinnerlicht haben, sind immer wieder andere, oder andere geworden im Laufe ihres Lebens. Es gibt so viele Perspektiven der Wahrnehmung der Umgebung, wie es Menschen und Momente gibt. Der eine Blickwinkel, die gültige Position, ist nicht möglich.
Wie also umgehen mit einer solchen Vielfalt an Möglichkeiten, die zum Teil gebaute Realität geworden sind, und zum anderen in den Gedanken, Hoffnungen und Wünschen der darin und damit lebenden Menschen liegen?
 
Ein bewusster künstlerischer Eingriff in dieses Gefüge aus Vorhandenem und Möglichen ist immer auch ein Akt der Balance – der, wenn er gelingt, sowohl Neues als gestaltete Realität manifestiert und gleichzeitig weit darüber hinaus weist, als Angebot, Bekanntes neu und anders wahrzunehmen, sich im wahrsten Sinne des Wortes Neuland zu erobern.
Susanne Pittroffs markante, begehbare Skulptur Concrete Voyage öffnet solch eine neue, inspirierende Perspektive für die Menschen, die am Jagdfeldsee in Haar leben, sich hier aufhalten oder entlang gehen. Nicht nur faktisch, indem der Ebene der bestehenden Terrasse eine räumliche Erweiterung hinzugefügt wird, sondern auch als Brücke in Unbekanntes, als fliegender Teppich, als Sprungbrett in ein überraschend anderes Erleben der vertrauten Umgebung.
Concrete Voyage ist ein Objekt, das zum Groß und Klein zum Entdecken, Spielen und Verweilen einladen soll: Eine große, rechteckige Plattform auf der Terrasse am seegroßen, flachen Wasserbassin ragt schräg ansteigend ein Stück über dieses hinweg. Warmrot leuchtend in der Umgebung aus hellen Bauten und Pflanzen überwindet sie die Begrenzung des künstlichen Ufers, schiebt sich, der Verlockung des Wassers folgend, bis in dessen unerreichbar scheinendes, geheimnisvolles Revier.
Für die Größe der aufsteigenden Plattform wurde bewusst Bezug auf vertraute Dimensionen genommen, sie entspricht mit etwa 45 qm der Fläche einer kleinen Wohnung. Wie unterschiedlich eine solche Fläche innerhalb eines Gebäudes und im Außenraum, ohne begrenzende Wände, wahrgenommen wird, lässt sich beim Begehen der Betonplatte und dessen Beobachtung spielerisch erkunden.
 
Ebenso spielerisch leicht und gleichzeitig die Fläche strukturierend schwingt sich die Wellenform eines eingearbeiteten Stahlbandes über die Platte, wird zu einer Spur, der man folgen kann, ein kleiner Slalom den roten Hang hinab oder hinauf, und ist gleichzeitig eine Remineszenz an das nahe und darunter schillernde Wasser des Jagdfeldsees.
Die Steigung der Plattform zum Wasser hin sorgt für ein besonders bewusstes Begehen, gilt es doch, den kleinen Höhenunterschied zu überwinden, einen winzigen Gipfel zu erklimmen, um von erhöhter Position aus mit einer geänderten Perspektive auf den See und die umgebenden Häuser belohnt zu werden.
Entdecken oder innehalten, spielen oder verweilen, auf der breiten Fläche gehen, sitzen oder liegen, hinauf oder hinunter, mittendrin, im Gespräch oder still beobachtend – Concrete Voyage wird für jeden immer wieder etwas anderes sein, eines aber gewiss: Ein Ort der Begegnung, nicht nur der Menschen, sondern auch der Realität der Gegenwart mit dem weiten Raum der Fantasie.
Erika Wäcker-Babnik
Einleitung: Dagmar Schott
Kunsthistorikerin M.A.